Am Samstagabend besuchte ich ein Theaterstück, in dem junge Laienschauspieler mit Handicap zusammen mit professionellen Schauspielern eine moderne Fassung des Märchens Schneewittchen, „Spieglein, Spieglein in der Hand“ aufführten.

Theaterstück im Spitalhof Leonberg

Frau Kolofon, die Autorin dieses Theaterstücks, hatte Schneewittchen in die Neuzeit versetzt. Die Handlungen des Märchens Schneewittchen wurden beibehalten. Doch sie wurden mit zusätzlichen Attributen und spritzigen Dialogen ergänzt.
So ließ sich die Königen und böse Stiefmutter von Schneewittchen nicht nur vom Spiegel an der Wand ihre Schönheit bestätigen, sondern auch ihr Smartphone sollte ihr stets versichern, dass sie die begehrteste im Land sei und viel mehr „Likes“ als Schneewittchen bekomme. Eines Tages wurde ihr von beiden „Dienern der Eitelkeit“ bekundet, dass Schneewittchen viel schöner und begehrter sei als sie. Wie im ursprünglichen Märchen beschloss sie, Schneewittchen zu töten.
Nun ging das Märchen gemäß der Grimm-Vorlage weiter: Schneewittchen wurde in den Wald gebracht. Statt sie zu töten, wurde sie ausgesetzt und verirrte sie sich im Wald. Während sie im Grimm-Märchen zum Haus der Zwerge kam, schlief sie in unserem Stück unter einem Baum ein. Irgendwann wurde sie von den Zwergen gefunden und geweckt.

Im Gegensatz zum ursprünglichen Märchen unterschieden sich diese sieben Zwerge nicht durch ihre unterschiedliche Größe, sondern durch ihre besonderen Eigenschaften: Einer konnte sich mit Tiere verständigen; der zweite war besonders sportlich. Der dritte beschützte alle; der vierte liebte die Harmonie; der fünfte litt an Traurigkeit; der sechste liebte Kräuter über alles. Der siebte Zwerg hielt alle zusammen und organisierte diese individuelle Gesellschaft.

Nach einigen Diskussionen nahmen die Zwerge Schneewittchen in ihren Kreis auf. Sie blieb im Haus der Zwerge und hielt es sauber. Die böse Königin hatte mithilfe ihres Spiegels und Smartphones erfahren, dass Schneewittchen noch immer lebe und noch immer mehr Likes habe als sie. So beschloss sie, Schneewittchen selbst zu töten. Anders als im Märchen klopfte sie nicht an der Tür und wollte einen Apfel verkaufen, sondern sie „präparierte“ einen Apfelbaum mit giftigen Äpfeln. Als Schneewittchen an diesem Baum vorbeiging, warf er ihr einen Apfel zu. Schneewittchen biss hinein und sank zu Boden. Die Zwerge fanden sie, hielten sie für tot und verzweifelten.

Inzwischen tauchte auch die Königin mit ihrer Zofe und dem Jäger auf. Da erkannte der traurige Zwerg in ihr seine frühere Jugendliebe. Aus Standesgründen – er war Bäcker, sie war Prinzessin – trennte er sich von ihr und verfiel in dauerhafte Traurigkeit. Beide gestanden sich ihre noch immer vorhandene Zuneigung. Zur gleichen Zeit wachte Schneewittchen wieder auf. Sie war nur in Ohnmacht gefallen. Statt die Königin wegen ihres Mordversuches zu bestrafen, wurde ihr verziehen.

Schneewittchen wurde von Sandra Pregitzer, einer jungen Frau mit Down-Syndrom dargestellt. Sie spielte diese Rolle mit viel Witz und erfrischendem Humor. Das gleiche galt für die Darsteller der Zwerge. Hier mischten sich 2 professionelle Schauspieler unter junge Schauspieler mit Handicap. Sie alle spielten ihre Rolle sehr selbstbewusst und mit großer Begeisterung. Dieser Theaterabend war ein tolles Erlebnis. Frau Kolofon war mit diesem Stück ein wahres Meisterwerk gelungen.